„Feliz Março da mulher!“

MaZ-Rundbrief aus Angola von Eli.

Meine Lieben!
„Feliz Março da mulher!“

In Angola gibt es nicht nur den Weltfrauentag am 8. März, sondern gleich der ganze Monat steht im Zeichen des Empowerments der Frauen! „Schönen März der Frauen!“ wurde ich anfangs des Monats also immer begrüßt und ich finde das eine sehr schöne Geste! Viele Frauen tragen auch Panos (Tücher), die um die Hüfte gebunden werden, mit Motiven des Weltfrauentags. Den Tag an sich habe ich nach der Messe in der Früh, wo sogar Parabens, also Glückwunsch, gesungen wurde, im Dienst verbracht. Ich kann euch sagen, dass mir da nicht fad wurde. Ganze acht Geburten haben wir an diesem Tag gezählt! Nachdem die ersten Geburten nur Burschen waren, haben wir uns über die weiteren Schwangeren, die gekommen sind, sehr gefreut, um wenigstens ein Mädchen an diesem Tag zu sehen:)

Und so schnell vergehen die Tage. Nach den drei Tagen frei, wo mal mehr und mal weniger Programm ist, die ich auch gerne in der Hängematte verbringe, freu ich mich dann schon wieder richtig auf die Arbeit und meine Kolleg*innen!

Wir sind mittlerweile zu einem richtig guten Team zusammengewachsen und ich fühle mich weiterhin sehr wohl! Manchmal hat so eine Nacht im Spital auch was von einer Pyjamaparty. Man schaut gemeinsam fern, futtert was und plaudert noch während man schon im Bett liegt. Mal nehme ich einen Kuchen mit, wie selbstverständlich teilen sie dann auch ihr Essen mit mir und die Tia Maria bringt mir immer einen „Sumo de Mucua“ mit. Das ist ein Saft, den sie aus den Früchten des Mucua Baum macht und dann auf dem Markt oder am Strand verkauft. Die Bäume gibt es hier überall. Sie sind riesig und haben einen imposanten Stamm. Ich schicke euch da mal ein Foto mit!

Als mal weniger los war (ja, es sind nicht jeden Tag acht Geburten, letzten Dienst ist zum Beispiel kein einziges Baby geboren ), habe ich mich daran geübt, der Tia Mary die Haare einzuflechten. Ich würde sagen, das Ergebnis ist passabel aber ich werde auf jeden Fall noch weiter üben.

Heute haben wir nach dem Dienst noch die Schulbank gedrückt. Der Dr. Darcy aus Cuba hat uns in den Grundlagen der Gynäkologie unterrichtet und ich hab mich zurück versetzt gefühlt in die alten Zeiten als Schülerin.

Was mich gerade beschäftigt und was ich lernen muss ist mir die Zeit zu nehmen mal nur mitzuleben, mitzuarbeiten, ohne gleich groß was verändern zu wollen. Sich dem auszusetzen und es auch auszuhalten. Das Verständnis warum etwas so gemacht wird braucht Zeit. Und ich bin erst am Anfang dieser Reise. Das heißt nicht, dass man resigniert oder die Dinge nicht mehr hinterfragt.

Drei Dienste hintereinander waren sehr schwierig für mich, für uns alle. Es ist je ein Neugeborenes entweder tot zur Welt gekommen oder kurz danach verstorben. Wir konnten nichts mehr tun. Weder hatten wir das Equipment, noch die Unterstützung eines*einer Kinderärzt*in. Die Mutter durfte ihr totes Kind dann nicht halten, die Familie hatte Angst, dass das den Schmerz und die Trauer verstärkt… Das sind alles Dinge, mit denen ich hier konfrontiert werde, wo ich mich machtlos und manchmal überfordert fühle und die mit der Zeit zwar nicht normal werden, aber man sich doch relativ schnell an die neuen Umstände gewöhnt, beziehungsweise es einen vielleicht nicht mehr so schnell aus der Fassung bringt.

„Óbito“ also Tod/Trauerfeier ist ein Wort, das täglich in meinem Sprachgebrauch vorkommt. Tod aus Krankheit oder durch einen Unfall oder sogar Mord ist permanent Gesprächsthema. Wie geht man mit dem Tod um? Wie trauert man? Wie sehr lässt man andere Menschen daran teilhaben? Das ist so tief in einer Gesellschaft verankert und kann hier ganz anders aussehen, als ich das von Österreich kenne.

Kultur ist nicht nur salient (greifbar) in Form von Sprache, Kleidung, Kunst, Musik, Tanz, was wir oft mit dem einfachen Wort „traditionell“ betiteln und abstempeln. Kultur ist genauso das Verständnis von Gott, Schicksal, Krankheit, Umgang mit Geld, zwischenmenschliche Beziehung, Zeitverständnis und vielem mehr. Da einen Einblick zu bekommen, zu verstehen, wie die Menschen ticken ist eine einmalige Erfahrung, für die sehr dankbar bin! Und sich auch bewusst zu machen, dass „der Angolaner“ eine Schublade ist, in die wir nicht Menschen unterschiedlicher Muttersprache, Völker, Religionen aber auch Charakters, Erziehung und Beruf stecken können.

„Wie ist die Kultur in Österreich? Wie sind die Menschen da so?“ wurde ich letztens gefragt und hatte da erstmal keine Antwort drauf. Puh, wie beschreibe ich das denn am besten? Ich will ja weder verherrlichend noch abschätzig über meine Heimat, meine Freunde und Familie sprechen und trotzdem versuchen meine ehrliche Einschätzung zu geben. Vielleicht habe ich durch diese Frage im Umkehrschluss verstanden, wie ich auch auf die Frage antworten möchte: „Wie ist Angola so?“

Kann ich die Frage denn überhaupt beantworten? Eigentlich kann ich ja nur einen Mini Einblick geben in mein Leben hier und meine Erfahrungen und Begegnungen in N’Zeto, mit den Schwestern und in der Arbeit als Hebamme…

Eine andere Art von Geburtshilfe leiste ich gerade auch mit großer Begeisterung, wo ich viel dazulerne! Wir haben ja Hühner und Enten in unserem Garten und um da für Nachwuchs zu sorgen, hat die Schwester Angelina einen Inkubator gebastelt und wir haben voller Hoffnung einige Eier reingelegt. Ich war ja etwas skeptisch bei diesem Experiment, habe aber brav jeden Tag die Eier umgedreht, um so das Schlüpfen zu erleichtert und heute wars dann soweit! Beim morgendlichen Check war tatsächlich schon ein Küken geschlüpft und kurz darauf ein zweites! Ich hab mich so gefreut und gebe jetzt alles dafür, dass die Küken groß und stark werden und bald zu ihren Kameraden dürfen.

Mit diesem erfreulichen Thema beende ich diesen Rundbrief, schicke euch allen ganz, ganz liebe Grüße und eine Umarmung aus N’Zeto, eure Eli