MaZ-Bericht aus Angola

Meine Lieben!

Die Zeit vergeht zwar superschnell, aber so schnell wie im letzten Rundbrief berichtet dann auch wieder nicht. Ich habe da nämlich schon von Juli geredet, wo wir noch gar nicht im Juli angekommen waren. Jetzt sind wirs aber, und schwupsdiwups ist morgen schon der 12. Juli. Der Tag war jetzt schon lange rot im Kalender angestrichen, denn…..trommelwirbel…. meine Mama und ihre Cousine Moni kommen mich besuchen! In Angola! In dem Moment, wo ich euch den Brief schreibe sind sie schon über den Wolken und sicher gespannt und voller Vorfreude, was sie in Angola erwarten wird.

Es erwartet sie auf jeden Fall eine glückliche Tochter/Nichte, die seit Montag in Luanda ist, um sie in Empfang zu nehmen. Ich hatte das Glück, dass Schwester Antonia mit mir aus N’Zeto nach Luanda gefahren ist, alleine hätte ich mir wahrscheinlich die abenteuerliche Fahrt im Sammeltaxi und dem Chaos in Luanda nicht zugetraut. Ein ganzes halbes Jahr war ich nicht mehr in der Hauptstadt. Und wär der Besuch nicht gewesen, hätte ich wahrscheinlich gar nicht mehr aus N’Zeto wegwollen. Aber es war schön für mich zu sehen, dass, sobald ich hier angekommen bin, bei den Schwestern an dem Ort, der in der Anfangszeit mein Zuhause war, da wo alles begonnen hat, ich mich doch gleich wieder wohlgefühlt habe. Alle wieder zu sehen, zu merken, dass sich eh fast nichts geändert hat, dass die Routine und Späße noch die gleichen sind und ich wieder in die Rolle des Kükens geschlüpft bin. Heute haben wir gleich gemeinsam gekocht, davon möchte ich euch unbedingt ein Foto zeigen! Eine Leibspeise in Angola ist Catatu mit Funge und einer Soße mit Rindfleisch. Ich führe mal nicht weiter aus, was das genau ist….

Auch im Gesundheitszentrum wurde ich wieder so lieb empfangen. Das ist typisch für mich- dadurch, dass ich mich schnell an einem Ort wohlfühle, vergesse ich, dass ich den vorherigen Ort eigentlich doch ein bisschen vermisst habe und es immer schön ist, wieder zurück zu kommen. Im weitesten Sinne hat mich das auch beruhigt, wenns in ein paar Wochen wieder ganz nach Hause geht…auch wenn ich mir das jetzt noch nicht vorstellen kann, wird die Freude dann doch wieder groß sein;)

Wenn ich an den letzten Monat zurückdenke, ist mir vor allem eines bewusst geworden. Es ist und war so wichtig für mich, die Entscheidung zu treffen, ein Jahr in Angola zu bleiben. Es ist einfach was anderes, als für ein paar Monate wo zu wohnen und dann wieder abzureisen, sobald man sich eingewöhnt hat! Ich merke, wie viel ich jetzt erst verstehe, das Puzzle setzt sich langsam zusammen, aber es fehlen auch noch ganz viele Teile und bis zu meiner Abreise wird es bei Weitem nicht ein ganzes Bild ergeben. Kulturelle Zusammenhänge, aber auch Arbeitsweisen im Krankenhaus oder das Schulsystem brauchen Zeit, um dahinter zu blicken, um nicht voreilige Schlüsse zu ziehen und mit dieser Auffassung dann nach Österreich zurückzukommen. Klar, dieser Prozess ist wahrscheinlich nie abgeschlossen und es ist ein ewiges Lernen.

Das halbe Jahr über wurden die Freundschaften enger, genauso wie meine Hosen hahaha und die Geburtenzahl stieg.

Immer mehr Leute haben mich auf der Straße angesprochen, dass ich bei ihrer Geburt oder der von einer Bekannten die Hebamme war. In der Schule hat mich eine Schülerin angesprochen: „Professora, ich habe die Hausaufgabe nicht gemacht, weil ich mein Kind letzte Woche geboren habe.“ Ich habe erst mal verdutzt dreingeschaut. Was machst du hier in der Schule???, hab ich mir nur gedacht. „Glückwunsch! Aber nicht in meinem Dienst, gel?“, fragte ich scherzend. „Doch, doch, du warst meine Hebamme!“

Mich hat das so traurig gemacht und ich habe mich schuldig gefühlt. Nicht nur, dass ich sie im Spital nicht erkannt habe. Aber selbst in der Schule, als sie mir das erzählt hat, habe ich mich nicht an sie erinnern können. Wie muss sich das für sie anfühlen? Wir Hebammen vergessen manchmal, dass es für uns einfach nur ein weiterer Dienst und eine weitere Geburt ist, für die Familien aber ein einzigartiges Erlebnis, an das sie sich immer erinnern werden!

Ich weiß nicht, ob das daran lag, dass es gegen Ende des Schuljahres wirklich schon anstrengend war, auch nach dem Dienst immer in die Schule zu gehen und so viel auf einmal machen zu wollen. Den ganzen Tag von so vielen Menschen umgeben zu sein, dass das Hirn das schon gar nicht mehr richtig zuordnen kann…Trotzdem ist das peinlich, so ein schlechtes Gedächtnis zu haben!

Genau zur richtigen Zeit habe ich dann einen Hebammenpodcast gehört, in dem eine sehr weise und erfahrene Hebamme nach vielen Berufsjahren sagt: „Ich kann mich nicht an alle Geburten erinnern, das ist einfach nicht möglich. Aber was ich geben kann, ist, jede Frau während ihrer Geburt so zu behandeln, als wäre sie gerade der wichtigste Mensch für mich auf Erden.“ Und das nehme ich auch ganz fest vor!

Abgesehen davon, dass ich ja jetzt zwei Wochen Ferien hab, waren auch die letzten Wochen schon angenehmer, weil die Schülerleins auch in die Ferien starten durften. Davor aber hatten sie noch eine sehr intensive Prüfungswoche, wir Lehrer*innen viele Schularbeiten zu korrigieren und für mich hieß es auch schon Abschied nehmen von meinen Klassen. Im September werde ich nicht mehr aushelfen, da ich ja nur noch bis Oktober da bin. Anbei ein Foto von einer meiner Klassen. Die weißen Mäntel sind übrigens die Schuluniform hier:)

Übrigens wollte ich ja in diesem Brief unbedingt schon mein selbstgenähtes Kleid präsentieren. Tja, da müssen wir uns alle leider noch ein bisschen gedulden…

Die freien Tage habe ich nämlich mit meinen Freunden und vielen Helferleins aus der Pfarre auf der Baustelle verbracht. Genauer gesagt haben wir gemeinsam die Kirchenmauer neu gestrichen und Betonbänke für Feldmessen gebaut. Die Motivation dafür, die Kirche präsentabel herauszuputzen, war die Festa da Vila, das große Dorffest am 23. Juni. Im Grunde genommen gabs die ganze Woche Party, es wird quasi der Geburtstag von N’Zeto gefeiert. Es gab ein Radrennen, alle Polizist*innen, Beamt*innen, Krankenpfleger*innen, und Lehrer*innen sind durch das Dorf marschiert mit der Blasmusikkapelle, es gab viele „Fressstandln“ und eine Livebühne. Sogar aus Luanda sind Besucher*innen gekommen, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten!

Während der Arbeit hat uns immer ein anderer Chor der Pfarre bekocht und eine Speise war köstlicher als die andere! Auch sonst lerne ich grade kulinarisch viel dazu, habe jetzt ja auch mehr Zeit gehabt, unserer Köchin Suka am Vormittag über die Schulter zu schauen, oder mit den Freunden ein Hendl zu schlachten und wirklich alle Einzelteile zu verarbeiten. Noch in Wien hätte ich mir das nicht vorstellen können…..

Bevor mir jetzt die Äuglein zufallen, beende ich an der Stelle mal diesen Rundbrief. Wir hören uns spätestens wieder mit den Berichten der Rundreise! Bis dahin schicke ich ganz liebe Grüße aus dem kühlen Luanda, hoffe es geht euch allen gut und sage um beijo, até logo! Eure Schindigginha

(Man glaubt es kaum, aber ich habe schon wieder einen neuen Spitznamen. Der Vorname hat nichts mehr bieten können, also musste der Nachname herhalten😂)