MaZ in Paraguay – Das Abenteuer geht weiter

Clemens Thurnher verbringt ein Jahr als Missionar auf Zeit in Paraguay. Welche spannenden Erfahrungen er bei seinem Einsatz macht, erzählt er in diesem Brief.

Frohe Ostern, felizes pascuas!
Langsam haucht der Wind den Herbst an und die Tage werden kürzer. Vor ein paar Tagen hat es viel geregnet und die Temperatur fiel auf 20 Grad. Ich habe das graue Regenwetter selten so sehr genossen.
Am 2. Februar bin ich zum sogenannten Zwischenseminar für Freiwillige aus Brasilien, Paraguay und Argentinien gefahren. Dort sollten wir unsere Erfahrungen, Sorgen, Probleme und Ideen teilen und Ratschläge und Motivation für die restliche Zeit bekommen. Ich bin also nach Posadas in Argentinien gereist, die Stadt liegt an der Grenze zu Paraguay am Fluss Paraná, der sehr breit ist und es gibt sogar einen Sandstrand.
Das viertägige Seminar war sehr interessant, wir philosophierten über unsere Motivationen für das Auslandsjahr, den Sinn des Lebens und was im Leben bedeutend ist, wo sich die Ansichten teilweise teilten. Es war sehr komisch, wieder Deutsch zu reden! Ich begriff auf dem Seminar, dass meine MaZ-Stelle echt gut für mich ist. Ich glaube ich wäre an keiner der anderen Stellen so gut aufgehoben und glücklich, wie hier an der Landwirtschaftsschule CEFA. Ich hätte niemals ein Projekt in einer großen Stadt wie Sao Paulo gewählt, weil ich genau das Gegenteil wollte: Natur, „Back to the roots“ simpleres Leben, arbeiten mit den Händen und ein bisschen wegkommen von der modernen Welt.

Besuch bei einer Guraní-Gemeinschaft

Samuel, der in Sao Paulo stationiert ist, hat uns erzählt, dass er nach dem Seminar zum Carneval nach Rio fährt, also haben wir kurzerhand beschlossen, mitzukommen, denn wann bietet sich denn nochmal die Chance, wenn man eh schon so nahe da ist? (27 Stunden mit dem Bus!) In der Nähe von Posadas wollten wir aber auf der Durchreise noch eine Gemeinschaft indigener Guaranís besuchen.
In „Jardin de America“ gefahren, konnten wir bei zwei sehr lieben Klosterschwestern in einem Altersheim eine Nacht unterkommen. Am nächsten Tag fuhren wir mit ihnen zu den Indigenen, die in einer Art Reservat in einem kleinen Dorf, in dem ca. 20 Familien leben. Wir machten bei ihrer Morgenzeremonie mit, was sehr spannend war, und konnten auch beim traditionellen Kreistanz mittanzen. Sie hatten auch eine 5-saitige Gitarre, die auf einen reinen C Akkord gestimmt war, den sie in einem speziellen Rhythmus spielten. In dem Moment wirkte einfach alles in Harmonie, die Vögel sangen zur Musik, sogar der Hund rannte im Kreis mit und die Sonne begrüßte uns. Danach frühstückten wir zusammen und man führte uns herum.
Die anderen Freiwilligen hatten noch nie eine Maniok Pflanze gesehen, was für mich täglich Brot ist, und so konnte ich ein bisschen mit den Bewohnern fachsimpeln und auch ein bisschen meine Guaraní Kenntnisse einbringen, was sehr cool war, weil es gleich für mehr Offenheit sorgte.

Auf zum Carneval nach Rio

Dann ging die Reise weiter, am Abend kamen wir in Foz do Iguazú am Dreiländerdreieck in Brasilien an und stiegen in den Nachtbus nach Sao Paulo. In der Nacht schlief ich leider nicht gut und am nächsten Morgen tat mir alles weh, dann bahnte sich Fieber an. Das könnte Dengue-Fieber sein, dachte ich… Als wir nach 17 Stunden am nächsten Tag in Sao Paulo ankamen, legte ich mich auf der Couch von Samuel und versuchte nicht zu sterben. Wir sollten gleich um Mitternacht weiter nach Rio. Nur noch 6h Busfahrt… Nach einem Powernap ging es mir dann besser. Die Nacht im Bus nach Rio war zum Glück viel gemütlicher und am nächsten Morgen kam ich etwas fitter in Rio de Janeiro an. Während der restlichen Reise hatte ich immer noch mit Fieber und Schwäche zu kämpfen aber ich überstand es zum Glück gut.
Wir gingen erst zum Baden an die Copacabana und am Abend ging es dann los zum Carneval ins große Sambodrom (eine Art großes Stadion), wo der weltbekannte Umzug stattfindet. Die sechs großen Sambaschulen Rios zeigten sich in aller Pracht mit riesigen Umzugswägen und Sambamusik, von 9 Uhr abends bis um 7 Uhr am Morgen. Es war atemberaubend, wie viele Leute in jeder Sambaschule mitmachten, alle trugen die aufwändigsten Kostüme. Aber es wird natürlich auch ordentlich aufgebauscht und zu einem Touristenköder gemacht und von seinem ursprünglichen Sinn ist leider nicht mehr so viel übrig.
Nach 3 Tagen in Río ging es zurück nach Sao Paulo, wo wir uns Samuels Projekt und die Stadt ansahen. Er arbeitet in einem Hilfsprojekt für Obdachlose – es gibt in Sao Paulo ca. 250.000 Obdachlose. Das war sehr interessant, aber auch schwer, die hoffnungslose Situation so vieler Menschen zu sehen. Die Größe von Sao Paulo war auch ziemlich einschüchternd. 12 Millionen Einwohner, Hochhauswälder und eine extrem bunte Bevölkerung aus aller Welt. Es war eine interessante Erfahrung, aber hat mir zeitgleich gezeigt, dass Großstädte nichts für mich sind.

Kühe treiben und Hasen schlachten

Nach gesamt mehr als zwei Wochen auf Reisen war ich erleichtert, wieder nach Hause an die CEFA zu kommen. Gleichzeitig war ich dankbar und zufrieden, so viele Eindrücke gesammelt zu haben und so viele Möglichkeiten bekommen zu haben, die ich mir vorher nicht erträumt hatte.
Anfang März kam ein kleines Filmteam aus Brasilien, um eine Dokumentation über die CEFA zu drehen. Ich habe sie begleitet und auch einen Blick hinter die Kulissen bekommen. Sie wollten auch die Pferde filmen, wie sie zum Kühe treiben benutzt werden. Wir mussten grade alle Kühe von der großen Weide für eine Impfung zum Stall bringen und so bot sich das super an. Ich durfte dieses Mal auch wieder mit und so ritten wir los. Ich fühlte mich wirklich ein bisschen wie in einem Abenteuer!
Kürzlich war Hasenschlachttag, und ich konnte mithelfen. Ich habe selbst zwei Hasen geschlachtet und ausgenommen. Es fühlte sich echt komisch an, die Hasen zu töten, aber als wir am nächsten Tag Hasengeschnetzeltes aßen, schätzte ich das Fleisch viel mehr. Ich denke in Europa wäre es gut, wenn die Menschen mehr Kontakt mit dem Schlachten hätten und so die Verbindung und Wertschätzung für das Tier nicht verloren geht!

Der Geburtstag wird mit einer Grillerei gefeiert

Darauf folgte mein 20. Geburtstag und ich beschloss, eine Feier auf Paraguay-Art zu machen. Das heißt Asado am Abend. Es wird getrunken und zusammengesessen, während das Fleisch gegrillt wird. Und es gibt natürlich paraguayische Beilagen wie die „Sopa“ ein Mais Auflauf/Kuchen und Maniok. Ich beschloss, die ganze Familie von Don Dario, die immer so gastfreundlich sind, und ein paar der Lehrer einzuladen. Am Ende waren es jedoch fast 30 Personen. Wir hatten es echt nett und ich habe auch ein paar Geschenke bekommen. Ich bemerke jedoch langsam, dass sich die wichtigen Feste vor allem mit der Familie am schönsten anfühlen und das hat mir ein bisschen gefehlt.

Vor ein paar Tagen hat die große Yerba-Mate Ernte gestartet. Dabei werden von den Yerba-Bäumen 70 Prozent der jüngeren Äste abgeschnitten und dann zerteilt. Die Blätter werden zuerst „angeröstet“. Danach werden alle auf ein großes Holzgitter gelegt und darunter wird in einem Ofen ca. 30 Stunden Feuer gemacht. Auf diese Weise wird das Yerba langsam getrocknet und geräuchert. Das heißt auch, dass am Feuer Nachtwache gehalten werden muss. Ich war auch mit dabei, von 1 bis 5 Uhr am Morgen. Wir haben ein bisschen Gitarre gespielt, gegessen und ich habe geschnitzt. Die ruhige Nacht, das Feuer, das wir bewachten
und das Gruppengefühl habe ich sehr genossen. Diesen Prozess werden wir jetzt noch ein paar Mal wiederholen, wahrscheinlich wird die Produktion im Tonnenbereich enden.

Die Osterferien waren gemütlich, die Arbeit hielt sich zum Glück in Grenzen, einmal fuhren wir auf einen Mini-Berg und sahen uns den Sonnenuntergang an. Ich hoffe, dass ihr auch alle schöne Osterfeiertage verbracht habt und es euch gut gehen lassen habt.
Liebe Grüße y un abrazo del Paraguay!
Hasta luego, 

Clemens